Gold

Biathlon-WM Korea: Kommentar zum Jury-Entscheid

Wer hat Gold verdient?In den letzten 24 Stunden habe ich nicht schlecht gestaunt: Wurde das Thema Doping noch relativ gefasst aufgenommen, sind die Reaktionen auf die gestrige Jury-Entscheidung zu hunderten bei uns eingetroffen – und dann mit teils recht unterschiedlichen Ansichten. Zu bedauern waren die Emails, die beinhalteten, dass viele Fans aufgrund dieser Vorfälle den eigentlich so geliebten Sport nicht mehr sehen wollen. Unverständlich hingegen waren die Reaktionen, die dem „unfehlbaren" Ole Einar Bjoerndalen die Schuld an der Jury-Entscheidung gaben. Da viele Kommentare auf der Perspektive des Fernsehzuschauers basieren, soll der folgende Artikel versuchen, etwas mehr Licht in das womöglich vom TV verzerrte Bild bringen.

Die Regeln wurden nicht zu Gunsten von Bjoerndalen gebrochen, wie leider viele Fans dachten. Tatsächlich lag hierbei eine womöglich überstürzte Fehlentscheidung der Jury vor. Einig sind sich alle, dass es nicht richtig war, die falsche Strecke zu laufen. Doch es gibt eindeutige und subjektive Fakten, die für die Entscheidung sprechen.

  • Streckenmarkierung: Immer wieder war es bereits zu Problemen gekommen, wie auch im letzten Jahr, als Magdalena Neuner in der Verfolgung falsch abbog. Kati Wilhelm lief dieses Jahr beim Training der Frauen die ganze Zeit eine andere Runde, als beim Wettkampf, weil die Strecke nicht eindeutig abgesteckt war. Ein weiterer Athlet wiederum lief im Stadion die falsche Markierung und machte somit während des Rennens sogar Zeit gut. Was war nun mit der Markierung an der Brücke passiert? Unbeholfen wie die freiwilligen Helfer in Korea manchmal sind, hatte einer das mittlere Abgrenzungsstück vor der Brücke entfernt und vor eine Schneekanone gestellt, um diese abzugrenzen. Somit fehlte also die eindeutige Markierung, die die Athleten womöglich gehindert hätte, die falsche Strecke zu wählen.

  • Zeitlicher Vorteil: Laut den IBU-Regeln dürfen Läufer nur dann bestraft werden, wenn ihnen durch Verlassen der Strecke ein zeitlicher Vorteil geschaffen wurde. Fakt ist: Laut Ausmessung der TV-Bilder dauert der Weg über die Brücke 14sek, der um die Brücke herum 12sek. Somit ist diese Entscheidung rechtens.

  • Bjoerndalen als Sündenbock hinzustellen, ist ebenfalls falsch, da insgesamt zwölf Athleten falsch abgebogen sind.

  • Die Formulierung der Regeln macht jedoch die ganze Diskussion nicht leichter. Offiziell gilt Englisch als Sprache der IBU wenn es um solche Fälle geht, doch ob die russische Übersetzung der Regeln genau die gleiche Formulierung beinhaltet, ist fraglich.

Fakt ist leider auch, dass politische Beweggründe immer wieder einen entscheidenden Anteil an solchen Komplikationen haben. Natürlich hätte jeder Verantwortliche so gehandelt wie Tichonov, wäre es um einen Athleten im eigenen Lager gegangen. Man hätte gekämpft. Doch nicht außer Acht zu lassen ist auch der Faktor, dass es hierbei auf sportlicher Ebene ein Duell  Russland- Norwegen gab, welches es leider auch in der Führungsetage der IBU zwischen Tichonov und Verbandschef Anders Besseberg gibt.  Dass solche Umstände zusätzlich Öl ins Feuer der Diskussion gießen, ist leider unvermeidlich.

Fernab von der politischen Debatte haben sich sowohl Tchoudov als auch Bjoerndalen sportlich fair verhalten. Eine Unterredung in der Nacht nach dem Wettkampf hat zudem dafür gesorgt, dass dieses Debakel zu den Akten gelegt wird – zumindest was die Sportler anbelangt.

Und so kann man nur hoffen, dass dies auch wirklich so bleibt. Gestern war die Stimmung bei den Russen natürlich nicht die beste, wohingegen man Bjoerndalen nach der endgültigen Entscheidung das erste Mal mit Tränen in den Augen sah. Verständlich sind beide Seiten, verständlich sind aber vor allem auch die Regeln, die hier keinesfalls gebrochen worden sind.

…es dauerte leider – und das sollte die IBU in Zukunft zu vermeiden wissen – länger als gedacht, bis tatsächlich Klarheit gewonnen wurde.

Special Biathlon-WM 2009 in Pyeongchang

Pyeongchang

 

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