Ole Einar Bjoerndalen im Gespräch

Ole Einar BjoerndalenOle Einar Bjoerndalen bestätigte auch zum Anfang der neuen Saison, dass er weiterhin als Top-Favorit im Biathlon gehandelt werden darf. Drei Weltcupsiege nach sechs Rennen kann der Norweger schon wieder auf seinem Konto verbuchen. In unserem Interview sprach er über sein Ziel, den Gesamtweltcup zu gewinnen, seine Erlebnisse im Sommer und seine Zukunft.

Ole Einar Bjoerndalen Ole, nach diesen ersten Wochenenden kann man fast denken, dass der Sieg im Gesamtweltcup unter Dmitri Iarochenko und Dir ausgemacht werden wird.
Das stimmt, die russischen Herren sind wieder extrem stark und Dmitri hat einige super Rennen gemacht. Zum Sprintsieg in Hochfilzen konnte man ihm nur gratulieren, sein Vorsprung war einfach gut.

Bei Dir scheint es jedoch auch bestens zu laufen?
Stimmt, meine Form ist in Ordnung. Ich habe mich top auf den Langlaufweltcup in Beitostoelen vorbereitet und daher ist meine Form nicht schlecht. Aber ich hoffe auch, dass ich die ganze Saison gut sein und an allen Rennen teilnehmen kann.

Daher heißt Dein erklärtes Ziel diesen Winter auch Gesamtweltcup, oder?
Ja, sicher. Aber es ist nicht nur der Gesamtweltcup, der zählt. Jedes Rennen ist für mich entscheidend, egal ob Weltmeisterschaft oder Weltcup. Ich möchte einfach einen guten Wettkampf laufen. Dieses Jahr ist es mir wichtig, dass ich konstant über lange Zeit hinweg auf hohem Niveau meine Wettkämpfe absolviere und auf diese Weise wäre der Gesamtweltcupsieg natürlich möglich.

Ole Einar Bjoerndalen Und dennoch hast Du erneut diesen Zwischenstopp im Langlauflager eingelegt?
Das ist wahr. Aber ich wollte auf alle Fälle beim Langlauf-Weltcup in Beitostölen starten, denn einerseits war das Rennen in meiner Heimat Norwegen und andererseits passte es auch gut in meinen Terminkalender. Ansonsten werde ich höchstwahrscheinlich keine anderen Rennen in diesem Winter bestreiten. Im letzten Jahr hatten sich einige Rennen mit den Biathlon-Weltcups überschnitten und das möchte ich diese Saison vermeiden.

Also hast Du nicht vor, das gelbe Trikot so schnell wieder abzugeben?
(lacht) Das weiß ich erst am Ende, aber es wäre natürlich schön, wenn es zu Saisonende noch bei mir ist. Dennoch denke ich, dass es viel Abwechslung geben wird. Die Mannschaften sind sehr stark und vor allem mit den Russen und Deutschen werde ich kämpfen müssen. Man sieht eben an den Resultaten, dass immer zehn bis fünfzehn Leute die Möglichkeit haben, zu gewinnen.

Im Sommer erklärtest Du, dass Du wieder mit dem ehemaligen Cheftrainer der Norweger, Roger Grubben, zusammenarbeiten willst?
Das stimmt, Roger und ich arbeiten diese Saison wieder zusammen. Entweder fahre ich zu ihm nach Norwegen oder er besucht mich in Obertilliach. Meist trainiere ich allein und habe somit die Hauptverantwortung für mein Training, aber er unterstützt mich in diesem Jahr speziell als Schießtrainer.

Ole Einar BjoerndalenKaum einer reist auch außerhalb der Weltcup-Saison soviel umher wie Du – am meisten pendelst Du jedoch zwischen Italien und Österreich hin und her. Wo verbringst Du nun eigentlich vorrangig Deine Zeit?
Ich bin hauptsächlich in Osttirol, in Obertilliach. Das ist mein Hauptwohnsitz und daher bin ich auch die meiste Zeit in Obertilliach und trainiere auf der dortigen Rollerstrecke. Die Familie meiner Frau Nathalie hingegen wohnt im Südtiroler Toblach und daher bin ich dort natürlich auch öfters auf der italienischen Seite zu Besuch.

  Dennoch scheinst Du nicht viel von Deiner Heimat in Osttirol zu sehen?
Das stimmt. Einige Trainingslehrgänge haben wir in Norwegen und da muss ich natürlich gemeinsam mit meiner Mannschaft vor Ort sein. Von Oktober bis April bin ich dann meist unterwegs zu den Wettkämpfen und demzufolge bin ich in dieser Zeit maximal zehn bis vierzehn Tage in Osttirol. Man kann schon sagen, dass es meist ein halbes Jahr ist, indem ich immer unterwegs bin.

Meist ist auch Deine Frau Nathalie auf Ihren Reisen mit dabei. Wie sehr unterstützt sie Dich im Training und im Alltag?
Sie ist immer für mich da und weiß aus eigener Erfahrung, wie hart das Sportlerleben sein kann, wie anstrengend es ist, immer gut zu sein. Man denkt Tag und Nacht an den Sport und Nathalie hilft mir vor allem bei den Dingen neben dem Sport sehr viel weiter. Ich habe selbst keinen Manager und mache vieles selbst. Sie regelt die Termine für mich und kümmert sich um Sponsoren. Ohne ihre Unterstützung könnte ich sicher nicht so viel trainieren.

Ole Einar BjoerndalenEnde Juni bist Du relativ kurzfristig mitten im Training nach Russland geflogen. Das ist doch sonst gar nicht Deine Art?
Das stimmt, aber solch einen Termin konnte ich nicht a
usschlagen. Ich hatte eine Einladung von Präsident Putin bekommen, der vor der Entscheidung um die Olympischen Winterspiele 2014 mit ein paar Sportlern reden wollte. Ein Sommersportler und ein Wintersportler aus Russland waren zugegen und ich wurde als Vertreter des westlichen Europas eingeladen.

Welche Eindrücke konntest Du in Moskau sammeln?
Zuerst einmal war es für mich eine große Ehre, überhaupt eingeladen worden zu sein. Im Gespräch habe ich dann festgestellt, dass Putin ein großer Sportfanatiker ist. Das war für mich eine riesengroße Überraschung, dass er solch ein Interesse am Sport zeigt. Sein Wissen über die Sportarten und einzelne Sportler ist unglaublich, selbst über Biathlon hat er unwahrscheinlich viel gewusst. Ich habe gemerkt, dass er für den Sport sehr viel getan hat und dass diese Taten wirklich wichtig für Russland sind.

Letzten Winter hieß es, Du würdest auch im Sommerbiathlon einsteigen und gemeinsam mit der Internationalen Biathlon-Union IBU eine Wettkampfserie ausrichten. Was ist daraus geworden?
Das ist eine lange Geschichte. Ich habe bei der Weltmeisterschaft in Antholz mit der IBU einen Vertrag abgeschlossen, der besagte, dass die Sommerbiathlon-Rennserie im April und Mai stattfinden soll. Für mich war damit eigentlich alles klar, doch dann lief die Sache nicht weiter. Die entscheidende schriftliche Zusage habe ich nicht bekommen und so wollte ich dann auch nicht weiterarbeiten.

Ole Einar BjoerndalenWarum stockte die Planung dieser Rennserie so plötzlich?
Ich weiß es auch nicht. Der Verband hat einfach nicht mehr zugelassen, dass wir diese Wettkämpfe ausrichten. Und das ist bedauerlich, wenn man sieht wie viele andere Veranstaltungen erlaubt und auch ziemlich erfolgreich durchgeführt werden.

Trotz dieser Rückschläge kennt man Dich als erfolgreichen Geschäftsmann. Hat man als solcher schon Pläne für die Sportler-Rente?
Ich habe natürlich schon ein paar Ideen, aber darüber möchte ich noch nicht allzu viel nachdenken. Für mich steht fest, dass ich noch ein paar Jahre weitermachen will. In zehn Jahren allerdings bin ich sicher nicht mehr aktiv…

Und dann?
Dann hoffe ich vor allem auf ein bisschen Ruhe und weniger Stress, möchte ich eine große Familie haben – und eben auch Zeit für diese Familie.

Ole Einar Bjoerndalen Als Familienvater wirst Du sicher nicht mehr so viel reisen. Gibt es schon einen Plan, ob die Familie Bjoerndalen dann auf österreichischen, italienischen oder gar norwegischen Boden zu Hause sein wird?

Das ist wirklich nicht wichtig für mich, es zählt nur, dass man einen guten Platz für die Familie findet. Mir ist es egal, ob wir in Norwegen leben oder in Italien. Die Hauptsache ist, dass wir als Familie zusammen sind und ein schönes Leben führen!

Welch gutes Schlusswort. Vielen Dank für Deine Zeit!

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