Joar Himle

Biathlon-WC Khanty: Joar Himle im Interview: "Gute Trainingsqualität"

Joar Himle Die Norweger haben es wieder einmal geschafft und sich wie im Vorjahr erneut den Nationencup bei den Herren gesichert. Ob Ole Einar Bjoerndalen, Halvard Hanevold, Lars Berger, Emil Hegle Svendsen oder Alexander Os: Meist war ein Norweger mit oben auf dem Podest. Dass dies so ist, ist nicht nur Verdienst der Sportler oder des neuen Cheftrainers Mikael Löfgren, sondern auch der Verdienst eines Joar Himle. Seit 18 Jahren ist der norwegische Schießtrainer als Coach unterwegs und hat dabei unter anderem Ole Einar persönlich oder das italienische Damen-Team betreut. Mit uns sprach der "Trainer des Jahres 2008" über seinen Job und die Leistungen seines Teams.

Joar, als norwegischer Schießcoach hilfst Du vor allem bei der Disziplin, die den Norwegern traditionellerweise schwerer fällt. Wieso sind sie doch all den anderen Nationen so überlegen?
Ich denke, das liegt an der Qualität des Trainings. Wir haben eine richtig gute Tradition, was den Langlauf anbelangt, doch Biathlon ist alles in allem eine „neue" Disziplin. Dennoch setzen wir darauf, dass die Athleten so früh wie möglich mit Biathlon anfangen und dabei auch auf die Trainingserfahrungen oder Trainingserkenntnisse von älteren Athleten bauen. Sonst müsste man bei jedem Sportler bei Null anfangen. Aber so haben wir viele Erkenntnisse über Jahre detailliert dokumentiert. Vielleicht zahlt sich das eben mehr und mehr aus.

Einer, der stets Schießprobleme hatte, war und ist Lars Berger. Warum ist er in diesem Jahr dennoch so erfolgreich?
Lars hat sich geändert als Person, hat seine Einstellung geändert. Früher dachte er immer, dass er nicht schießen kann und sich das auch nie ändern wird. Im A-Team wurde er darin auch bestätigt, denn er lag immer hinter so starken Schützen wie Ole oder Halvard zurück. Doch im Training mit Raphael Poirée und Egil Gjelland sah er plötzlich, dass er doch nicht so weit weg von den anderen ist. Das hat ihm ganz neues Selbstvertrauen gegeben.

Er hat sich eindeutig ins Team zurückgekämpft, doch wie ist es mit anderen Athleten, wie Frode Andresen oder Hans Martin Gjedrem?
Bei ihnen wird es immer schwieriger. Frode hat auch ein paar gute Resultate gezeigt, doch Fakt ist, dass die Athleten nicht jünger werden. Daher haben Andresen oder Gjedrem hier in Russland auch keinen Einsatz bekommen, sondern wir haben es wie die Deutschen gehalten, und der Jugend eine Chance gegeben.

Joar Himle Mit der Jugend sprichst Du Tarjei Boe an, oder?
Ja, ich halte Tarjei für ein riesen Talent. Er hat früher alles gewonnen, was es zu gewinnen gab. Dann war er fast zwei Jahre richtig krank. Irgendein Virus hatte er im Körper, der einfach nicht wegging und sein Abwehrsystem schwächte. Nun ist er wieder zurück und hat das bei der EM in Ufa auch bewiesen. Wir hoffen wirklich, dass von ihm noch großes zu erwarten ist!

Euer Nachwuchs im Land ist auch recht stark. Worauf ist das zurückzuführen?
Ich denke, ein Hauptpunkt dabei ist, dass schon viele junge Athleten mit unseren Arrivierten trainieren oder zumindest über deren Training Bescheid wissen. Ein Ole Einar hat eine ganz andere Persönlichkeit, als ein Halvard. Alexander Os und Emil Hegle Svendsen unterscheiden sich auch wieder von beiden. Somit sehen die Athleten, dass viele Wege zum Ziel und zum Erfolg führen, denn wir haben so viele unterschiedliche Charaktere an der Weltspitze. Sie lernen anhand dieser Vorbilder auch, was förderlich ist auf dem Weg zum Erfolg und was vielleicht nicht.

Dabei lasst ihr ihnen viele Trainingsfreiheiten…
Das stimmt. Wir haben kein Stützpunktsystem wie in Deutschland. In der Nationalmannschaft wird das meist so gehandhabt, dass wir zwei Wochen Training haben, zwei Wochen zu Hause. Das ist allerdings nur der Durchschnitt, manchmal sind sie auch länger daheim. Gibt es dann spezifische Fragen oder Probleme, reisen Mikael Löfgren oder ich aber auch zu den Athleten und unterstützen sie dabei. Ansonsten sind sie viel auf sich selbst gestellt.

Weniger auf sich selbst gestellt ist die Mannschaft hier in Khanty. Wenn man Euch außerhalb des Hotels sieht, dann "in Begleitung"…
(lacht) Das stimmt! Die Russen haben es sich zur Aufgabe gemacht, uns beschützen zu wollen. Es ist nicht so, dass wir hier furchtbar viel Angst hätten, aber nach einigen Droh-Emails gegen den Verband oder einzelne Sportler nach dem Verfolgungschaos in Korea wollte man wohl auf Nummer sicher gehen. Ich war auch hier einkaufen und als ich aus dem Geschäft rauskam, wartete da ein Polizeiauto, um mich ins Hotel zu eskortieren. Einem meiner Kollegen wurde nicht mal erlaubt, den Hotelkomplex ohne Begleitung zu verlassen. Das ist schon alles komisch dieses Jahr!

Freust Du Dich demnach auf die Heimkehr?
Wer tut das derzeit nicht? Dabei geht es aber nicht um Russland, sondern einfach darum, dass man langsam froh ist, wenn die Saison vorbei ist! Ich freue mich einfach, mal wieder bisschen Zeit auf Ski in den Bergen zu verbringen. Wobei bei uns natürlich nächste Woche noch Meisterschaften anstehen und dann eine Trainerklausur…Und am 1. Mai beginnt die Saison wieder.

Für Urlaub ist also keine Zeit?
So würde ich das nicht ausdrücken (lacht). Man könnte ja auch sagen, dass ich 365 Tage im Jahr Urlaub habe. Schließlich liebe ich meinen Job und fühl mich auch im Team richtig wohl…

Special Biathlon-Weltcup 2009 in Khanty-Mansiysk

Antholz

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