Jeremy Teela

(WC Vancouver 2009) Jeremy Teela

Jeremy TeelaDas gestrige Einzel war für Vincent Jay und Daniel Böhm ein Erfolg auf der ganzen Linie: Die beiden jungen Athleten holten sich ihren ersten Podestplatz im Weltcup. Doch auch einer der "älteren Hasen" konnte gestern feiern: Jeremy Teela schaffte, was kein US-Amerikaner seit 1992 mehr geschafft hatte: Er lief in einem Weltcup aufs Podest. Die Feier im Team zog sich zurecht etwas länger hin, schließlich wertete man es als gutes Omen, dass dieses Resultat gerade auf den Olympischen Strecken von Vancouver 2010 erreicht wurde. In einem Interview mit uns verriet der 32-jährige Teela, was der Grund für seinen Erfolg war und welche Motivation er aus dem Rennen mitnehmen konnte.

Jeremy, Deine beste Saison ist schon sechs, sieben Jahre her. Und selbst damals warst Du nie auf dem Podium. Was war im Einzel hier anders?

Ich weiß es nicht, das ist einfach verrückt. Meine letzten Wochen waren verrückt, denn ich habe eigentlich nichts getan, das solch ein Resultat hier vorausgesagt hätte. Ich bin von der WM zurückgekommen und habe eine Woche freigenommen. Ich war Telemarken, habe mich mit Freunden getroffen und hatte einfach Spaß. Das war gut für den Kopf. Natürlich habe ich ein wenig trainiert, aber ich habe meine Waffe nicht ein einziges Mal angefasst.

Warum das?
Weil ich sie als Freund betrachte. Und sie stand da in der Ecke und ich dachte nur: „Okay, ich denke, mein Freund braucht mal etwas Zeit für sich." Im Endeffekt habe ich mein Gewehr also zwei Wochen lang nicht benutzt, bin hier hergekommen und alles hat sich perfekt gefügt.

Wann wurde Dir klar, dass Du aufs Podium laufen könntest?
Nach dem letzten Schießen. Ich wollte vorher nichts hören, denn das hätte mein Rennen beeinflussen können. Dann allerdings habe ich mitbekommen, dass ich auf dem zweiten Platz liege. Nur konnte ich dann kaum noch schneller fahren. Normalerweise denkt man, dass man plötzlich eine Art Super-Power entwickelt, aber ich bin die ersten vier Runden so schnell angegangen, dass ich einfach auf der letzten Runde nicht mehr schneller konnte. Daher bin ich wirklich glücklich, dass es fürs Podium gereicht hat.

Jeremy Teela Hättest Du dieses Endresultat vor dem Rennen erwartet?
Ich denke, das hat keiner. Vincent Jay und Daniel Böhm waren vorher auch noch nie auf dem Podium. Das fühlt sich irgendwie richtig gut an, den ich weiß, dass diese beiden jungen Athleten vor mir sind, weil sie es verdienen.

Angesichts der Tatsache, dass Bailey und Burke bisher die besseren Resultate in dieser Saison hatten – hat Dich dieses Resultat überrascht oder wusstest Du, dass Du dazu in der Lage bist?
Nun, ich wusste immer, dass ich das Potenzial habe, aber dass ich es hier endlich zeigen könnte, ist schlichtweg großartig. Ich hatte schon immer Trainings-Momente wo ich dachte: ‚Warum kann jetzt kein Weltcup sein?' Man weiß, dass es in einem ist, aber irgendwie kann man es nie im Weltcup rüberbringen.

Du bist seit 1993 im Biathlon. Wo holst Du Dir immer wieder die Motivation her, um weiterzumachen?
Nun, ich liebe diesen Sport wirklich. Und die Motivation kommt auch durch all die kleinen Tiefs zwischen den Highlights. Wenn ich am Boden bin, will ich nicht aufgeben – ich will wieder nach oben. Und nun hatte ich sechs Jahre lang eine ziemlich ernste Tief-Phase. Daher ist diese Platzierung wirklich eine total neue Quelle der Motivation.

Dieses Resultat hast Du auf den olympischen Strecken gezeigt. Angesichts dessen – was kommt Dir in den Kopf, wenn Du über die Olympischen Spiele hier in Whistler nachdenkst?
Ich fühle mich recht selbstsicher. Ich bin klug genug, um zu wissen, dass diese Resultate jetzt nicht dauernd kommen. Ich werde einfach weiter mein Ding machen und nicht großartig mein Training oder meine Einstellung ändern. Ich glaube an mich selbst und werde das nächste Jahr ganz im Zeichen der Spiele begehen. Natürlich sind die Weltcups wichtig, aber ich will mich voll auf die Olympischen Spiele konzentrieren. Ich weiß nun, dass ich dazu in der Lage bin, aufs Podium zu laufen und wir werden sehen, was in Vancouver 2010 möglich ist.

Liegen Dir die Strecken eigentlich?
Auf jeden Fall! Dieser Ort und ich haben eine Geschichte, denn hier habe ich Skifahren gelernt. Das macht es zu etwas besonderem. Zudem kennen wir die Strecken schon, weil wir hier letztes Jahr an den kanadischen Meisterschaften teilgenommen hatten und danach noch ein Trainingscamp hier absolvierten. Ich denke, wir sind den anderen Mannschaften ein paar Wochen voraus und wissen, wie wir uns die Strecke einteilen müssen.

Jeremy Teela Was ist Dein Plan für die nächsten Wochen? Dein Wettkampfplan dürfte sich jetzt geändert haben…
Das ist richtig! Vor diesem Weltcup war nicht geplant, dass ich noch weitere Weltcuprennen bestreiten würde. Ich hatte mich mental schon darauf eingestellt, dass meine Saison nach dem Sonntag zu Ende wäre. Aber nun werde ich nach Trondheim fahren und sollte ich das Visum rechtzeitig erhalten, dann könnte ich auch in Russland dabei sein. Es ist keine so große Umstellung, aber ich muss nochmal heim und eine größere Tasche packen.

Warum?
Nun, ich habe nur ein paar Socken mit und auch nur drei oder vier Paar Unterwäsche (lacht). Manchmal brauchen wir drei Paar Socken am Tag und daher gibt es dauernd genug Wäsche zu waschen. Das mag für ein paar Tage in Ordnung sein, aber nicht für zwei Wochen. Wenn ich ein reicher Athlet wäre, würde ich mir ein Zimmermädchen leisten, denn das ständige waschen kann
einem auf den Geist gehen (lacht).

Wir wünschen Dir auf alle Fälle eine erfolgreiche Rest-Saison! Danke für Deine Zeit, Jeremy.

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