Leandro Ribela

Am Rande – Brasiliens erster Biathlet

Leandro Ribela Er hat bis 2005 nicht einmal gewusst, was Biathlon ist und doch stellt Leandro Ribela seitdem den ersten Biathleten Brasiliens. Der Skiverband war 2005 bereits Mitglied in der Internationalen Biathlon-Union und suchte dennoch noch nach einem Biathleten. Leandro war bis dahin Alpin-Skilehrer in den Vereinigten Staaten und eher Hobby-Langläufer. „Ich habe zudem Triathlon gemacht und mich für Schießen interessiert. Aber was Biathlon war, davon hatte ich keine Ahnung." Doch im Dezember 2005 entschloss er sich dazu, den unbekannten Sport aufgrund der Anfrage des Skiverbands auszuprobieren und flog vier Wochen nach Östersund, um dort alles über den Skizweikampf zu lernen.

Im Sommer 2006 veranstaltete die IBU ein Entwicklungs-Seminar in Argentinien, an dem auch Leandro teilnahm – der Sport gefiel ihm schließlich mehr und mehr. Die erste Saison, die er dann wirklich intensiv betrieb, war die Saison 2006/07. „Fünf Monate habe ich dann hier in Europa verbracht und all das Neue zu lernen und zu sehen hat mir schon gefallen! Vor allem die Anlagen hier haben mich überrascht", blickt Leandro zurück.

Hilfe von einem tschechischen Coach: Leandro Ribela In Südamerika hingegen sind die Trainings- und Wettkampfbedingungen gleich Null: „Brasilien hat nur Papierscheiben, Argentinien und Chile jeweils zwar mechanische Anlagen, aber dann auch nur mit zwölf bzw. zehn Schießplätzen." Hoffnung auf baldige Besserung macht er sich nicht: „Derzeit betreiben ja nur 15 bis 20 Leute in Südamerika diesen Sport, erst wenn das ausgebaut wird, könnten auch die Anlagen ausgebaut werden."

Wie ist das eigentlich mit dem Schnee in Südamerika? Schließlich wird uns europäischen Touristen ein nahezu tropisches Bild vor Augen gehalten. „Also Argentinien und Chile haben schon Schnee im Winter, wir in Brasilien hingegen haben gar keinen. Bei uns wird nur auf Rollerski trainiert." Daher befindet sich Leandro auch die meiste Zeit des Jahres in Europa, um auch auf Schnee trainieren zu können. Unterstützt wird er dabei von einem Stipendium des Olympischen Komitees, seinem nationalen Verband und der IBU. „Das ermöglicht auch das viele Reisen. Im Juli und August habe ich in Argentinien auf Schnee trainiert, dann bin ich nach Europa gekommen und habe auf dem Dachstein weiter trainiert. Jetzt bleibe ich bis März erst einmal in Europa…"

Leandro Ribela Sein Ziel,  sich für die WM in Korea zu qualifizieren, hat Leandro leider verpasst. „Dafür müsste ich in einem IBU-Cup-Rennen 20% hinter dem Erstplatzierten landen. Mit den starken Norwegern wie Andresen oder Berger, die auch im Weltcup gut sind, ist das aber nahezu unmöglich, diese 20% zu schaffen", schüttelt er etwas traurig den Kopf. Doch Leandro ist eine Kämpfernatur. Sein Ziel lautet Vancouver 2010. „Bis dahin gibt es noch viel Arbeit. Derzeit ist entweder mein Schießen gut oder mein Laufen. Ich muss noch an Erfahrung sammeln, damit beides zusammenspielt." In Vancouver möchte er dann auch im Langlauf an den Start gehen, die doppelte Herausforderung würde ihm einfach zu viel Spaß machen.

Was ihm ebenfalls viel Spaß zu machen scheint, ist die familiäre Atmosphäre im Biathlon: „Klar haben viele am Anfang skeptisch geschaut, was ich denn da zu suchen hätte. Doch mittlerweile hat man gute Freunde gefunden, am Schießstand gibt einem auch mal ein Top-Trainer einen Tipp oder man arrangiert sich mit den Reisen zum nächsten Wettkampfort." Diese Atmosphäre sorgt auch dafür, dass Leandro noch immer Spaß am Sport hat. Denn allzu rosig sieht es manchmal nicht aus: „Ich habe ja kein regelmäßiges Einkommen. Und das Geld von der IBU ist allein für die Wettkämpfe da. Aber ich würde auch gern mal wieder ins Kino gehen und mir das Popcorn dazu leisten können. Letztes Jahr habe ich als Alpin-Skilehrer gearbeitet und hatte Geld – aber wann soll man dann trainieren? Daher lasse ich diesen Job diese Saison links liegen…" Und doch, der Wirtschafts-Student scheut sich davor, sich viel Geld verdienend in einem Büro hocken zu sehen: „Ich bin in Sao Paolo, einer Stadt mit 15 Mio. Einwohnern aufgewachsen – das ist einfach nicht mein Leben. Ich sehe mich nicht in einem Büro, nicht in einer riesen Stadt. Mein Motto ist: ‚Man arbeitet fürs Leben und lebt nicht fürs Arbeiten.‘ Und dass ich diesen Sport ausüben kann, ist wirklich wie eine Art Traum!"

Und diesen Traum wird er noch mindestens bis zu den Olympischen Spielen 2010 in Vancouver verfolgen…

Weitere "Am Rande" -Geschichten

Am Rande

Nach oben scrollen