(WC Oberhof 2009) Wolfgang Pichler, Teil 2

Wolfgang PichlerIn Teil 1 unseres Interviews sprach Schwedens Biathlon-Coach Wolfgang Pichler über seine Anfänge in dem skandinavischen Land, über die Aufgabenverteilung und die Besonderheiten im Team. In Teil 2 des Interviews erklärt er uns seine immer wieder gern gesehene Emotionalität an der Strecke, die Aussichten auf die kommenden Weltmeisterschaften, seine Zukunftsgedanken und vieles, vieles mehr…

Wolfgang, wie funktioniert eigentlich das Training im Sommer mit Dir in Ruhpolding und dem Rest meist in Schweden?
Das funktioniert alles per Internet. Sie bekommen den Trainingsplan geschickt und ich bekomm täglich die Files zurück. Mit Carl Johan Bergman haben wir auch einen super PC-Spezialisten im Team. Dadurch ist es egal, wer gerade wo auf der Welt ist: Das Training funktioniert! Ich bin jederzeit informiert, was in meinem Team vorgeht. Und mit Ruhpolding haben wir auch für die Trainingslager einen perfekten Partner gefunden. Mittlerweile sind wir dort schon richtig populär und es ist auch für die Schweden wie ein Stück Heimat, wenn sie hier trainieren.

Inwiefern werden die Athleten gefördert bzw. können unabhängig daheim trainieren?
Nun, das ist etwas anders, als in Deutschland. Unsere Sportler sind zwar Profis, aber nur vom Training her betrachtet, vom finanziellen nicht. Das sind alles Studenten, die neben dem Sport noch studieren. Wir haben da ein gutes Gerüst mit den Skigymnasien und der Universität in Östersund aufgebaut. Das läuft in Deutschland leider etwas anders, da bist Du schnell auf der Schiene „Bundespolizei" oder „Zoll". Mit dem Studium hingegen werden unseren Athleten viel mehr Möglichkeiten nach dem Leben als Sportler geboten.

Müssen sie denn dann im Sommer auch quasi „vor Ort" studieren und Prüfungen ablegen?
Nein, das läuft nebenbei. Das heißt, dass sie eben zu den Lehrgängen auch mal allein in ein Zimmer müssen, um dort eine Prüfung zu schreiben, die ihnen die Universität geschickt hat. Aufgrund des Vertrauens, dass die Universität damit in die Sportler steckt, betrügt aber auch keiner. Dieses System macht mich wirklich stolz.

Wolfgang PichlerDu hast viel aufgebaut in Schweden. Wie wird Deine Zukunft nun aussehen?
Man kann sagen, dass ich zu 90% bis 2014 in Schweden bleibe. Ich habe noch Pläne und Ideen bis Sotchi, aber das zeichnet eigentlich auch meine Trainerkollegen aus, dass jeder bis dahin seine Strategie schon im Kopf hat. Allerdings heißt das nicht, dass ich nicht doch plötzlich nach 2010 etwas anderes machen möchte. Schließlich habe ich auch schon mal die deutschen Langläuferinnen trainiert und auch da Erfolge feiern können. Natürlich würde es weh tun, wenn ich die Schweden verlasse, aber ich möchte mir auch keine Türen mehr verschließen. Aber ein neuer Job – sollte es einen geben – das muss eine Herausforderung sein, das muss mich nochmal fordern!

Um im „Jetzt" zu bleiben: Anna Carin Olofsson präsentiert nach ihrer Schwangerschaft immer noch die besten Laufzeiten. Wie ist das zu erklären?
Hartes, hartes Training und eiserne Disziplin! Natürlich hat sie das Talent dazu, aber vor allem auch unsere strikten Strukturen haben sie wieder dorthin gebracht, wo sie ist.

Und wo wird sie bzw. das ganze Team in Korea sein? Was nehmt Ihr Euch da vor?
Ich hoffe derzeit einfach, dass wir den Schwung mitnehmen und uns auch in Korea gut präsentieren. Das Ziel ist natürlich eine Medaille, egal ob Einzel oder Staffel. Denn das können wir erreichen!

Wie viele Athleten nehmt ihr zur WM mit?
Fünf Männer und fünf Frauen. Die Mannschaft wird nach der Verfolgung in Ruhpolding aufgestellt.

Die letzte WM daheim ist ja leider nicht so gelaufen, wie geplant…
Das ist aber mittlerweile abgehakt. In Östersund war ACO schwanger, Ferry hatte einfach Pech und Bergman hatte ein schwaches Jahr. Hinzu kamen ungeahnte und unerwartete Einwirkungen von außen, denn mit so einer Begeisterung seitens der Schweden hätte keiner gerechnet!

Wolfgang PichlerIn solchen Momenten oder auch glücklichen wie bei der Mixed-Staffel in Antholz 2007 sieht man Dich immer sehr emotional werden. Was raubt Dir denn an der Strecke den letzten Nerv?
Das Schießen! Du kannst einfach nicht hinschauen, das macht Dich wahnsinnig, wenn Du weißt, er kann es und dann geht es doch schief. Wie Nilsson erst vor kurzem: Schießt dreimal Null und dann schießt er vier Fehler! Da kriegst Du doch `'nen Vogel. Klar macht er das nicht, um Dich extra zu ärgern, aber mir tut das dann in dem Moment natürlich auch für den Sportler leid, denn ich weiß, unter was für einem Druck der beim letzten Schießen steht. Das ist jetzt allerdings schon schöner in einer großen Mannschaft, man hat immer gute und schlechte Sportler dabei. Nach Magdalena wollte ich nie mehr nur einen Sportler haben. Das macht Dich nervlich ja fertig!

Was sagst Du als Trainer und Motivator dem Sportler nach so einem Schießen wie bei Nilsson?
Bei Nilsson bin ich es mit Galgenhumor angegangen: „In Lahti hast Du fünf geschossen, jetzt vier, in Sotchi schießt Du Null!" Ich kann da ja auch schlecht sagen: `Du Trottel, was hast Du denn jetzt wieder gemacht? ‘ Aber je nach Person kann man auch schon mal mit Humor motivieren.

Dann hoffen wir, dass Du in den nächsten Wochen nicht allzu viel motivieren musst. Danke für Deine Zeit!


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