Sina Bauer

Biathlon-WC Ruhpolding – Klemen Bauer im Interview

Klemen BauerBei den Junioren-Weltmeisterschaften vergangener Jahre konnte er immer wieder Medaillen sammeln, doch im Dezember ist Sloweniens größtes Biathlon-Talent Klemen Bauer mit einem Handicap der schwerwiegenderen Art in die neue Saison gestartet: Bei einem Radunfall im Spätsommer verletzte sich der Sport-Student so schwer, dass die Saison in Gefahr schien. Dennoch: Er ist am Start und gibt trotz dieses Rückfalls nicht auf. Was ihn dazu bewegt hat, so schnell wieder im Weltcup dabei zu sein, erklärte er uns in einem Interview.

Klemen, nach einem schweren Radunfall im Sommer hätte keiner gedacht, dass Du so schnell wieder im Weltcup dabei bist…
Ich hätte auch nie gedacht, so schnell wieder starten zu können. Als wir die Diagnose das erste Mal im Krankenhaus gehört haben, brachten mein Trainer und ich kurze Zeit kein Wort raus, es war einfach zu niederschmetternd. Die Ärzte meinten, ich brauche eine OP, denn die Schulter war richtiggehend zerstört. Das klang einfach nur furchtbar.

Was geht einem dann durch den Kopf?
Erstmal gar nichts. Und dann wurde mir aber schon klar, dass ich dadurch eine volle Saison verlieren könnte. Das war eigentlich irgendwann fest in meinem Kopf verankert, dass das ganz anders kommen könnte, hätte ich auch nicht gedacht.

Warum bist Du dann doch so schnell wieder an den Start gegangen?
Die Operation als auch die Regeneration verlief einfach perfekt und ich bin dann in ein modifiziertes Training gestartet, um wenigstens den Anschluss an den Rest nicht zu verpassen. Das lief dann auch wirklich gut, so dass ich entgegen meiner Erwartung, erst im Januar starten zu können, schon im Dezember wieder mitlaufen konnte. Was womöglich auch daran lag, dass ich durch diesen Rückschlag noch viel mehr motiviert war.

Wie sah das Trainingsprogramm aus?
Ich habe viel Beinarbeit gemacht und bin auch nur mit dem linken Arm mit dem Stock gelaufen. Rechts habe ich dadurch viel Muskelmasse verloren, aber zum Glück hatte ich diesen Rückstand schnell wieder aufgeholt, als ich dann wieder alles belasten konnte.

Klemen Bauer Bist Du angesichts dieser Vorgeschichte mit Deinem bisherigen Saisonverlauf zufrieden?
Naja, eigentlich könnte ich zufrieden sein und sollte es vielleicht auch in Anbetracht meines Unfalls. Aber wirklich vollends happy bin ich nicht, vor allem nicht mit meinem Schießen. Ich arbeite derzeit auch viel mit einem Mentaltrainer zusammen, um den Unfall aus dem Kopf zu bekommen.

Was hast Du Dir für ein Ziel für die Saison gesteckt?
Meine ursprünglichen Ziele musste ich leicht modifizieren und will jetzt einfach die gesamte Saison über gute Rennen laufen. Ursprünglich wäre ich gern immer in den Top30 geblieben, um die Massenstarts mitlaufen zu können, aber dieser Plan ist nach dem Unfall zusammengefallen. Jetzt lege ich meinen Fokus einfach auf jeden einzelnen Wettkampf und dann sehen wir, was nächste Saison möglich ist.

Dabei scheint Dir der WM-Ort Pyeongchang doch zu liegen, ist da kein Top-Resultat möglich?
Ich weiß nicht, ob er mir richtig liegt, aber letztes Jahr konnte ich natürlich einen achten Platz dort einfahren. Wer weiß, vielleicht ist ja in der Mixed-Staffel etwas möglich oder auch in der Herren-Staffel. Schließlich haben wir in Hochfilzen bewiesen, dass wir vorn dabei sein können.

Hier in Ruhpolding gab es nach der Staffel hingegen ein ernstes Gespräch mit der Teamführung…
Das stimmt, hier hat irgendwie vom ersten Läufer an nichts gepasst. Vor allem beim Schießen waren wir einfach schlecht. Aber wir sind einfach irgendwie zu schnell in das Rennen gegangen und haben auf der Strecke zu viel Druck gemacht, als dass es am Schießstand hätte klappen können.

Neben solchen Resultaten haben die Trainer bei Dir öfters mal Grund zur Sorge.
(lacht) …was wohl an meinen Hobbies liegen könnte, das stimmt

Die da wären?
Ich mag extreme Sachen, extreme Sportarten. Allerdings waren es zeitweise so viele, dass ich das dem Training zuliebe etwas reduzieren musste und mich jetzt vor allem mit Bergsteigen, Paragliding und Snowboarden beschäftige. Man darf sich aber auch nicht beschweren: Diese Hobbies kann man schließlich auch als Training bezeichnen!

Inwiefern?
Na, wenn ich vier Stunden mit schwerem Paraglider-Rucksack auf einen Berg marschiere, ist das auch Training. Und für die Gelenke tu ich auch was, denn ich lauf den Berg nicht wieder runter und mach mir die Knie kaputt, sondern ich fliege mit dem Paraglider.

Also gibt es auch keinen Grund für Deine Trainer, sich zu sehr aufzuregen?
Glücklich sind sie natürlich nicht unbedingt darüber, denn ein Verletzungsrisiko besteht immer, aber sie wissen, dass ich nicht wie „jeder" sein kann und will und gern auch mal andere Sachen ausprobiere. Der Team-Spirit ist auch so gut, dass das mittlerweile kein Problem mehr darstellt…

Dann wünschen wir Dir allzeit guten Flug und danke für das Interview, Klemen!

Ruhpolding

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