Wolfgang Pichler

Biathlon-WC Oberhof: Wolfgang Pichler im Interview

Wolfgang PichlerWolfgang Pichler ist einer der wenigen deutschen Biathlon-Trainer, der bis heute eine ausländische Mannschaft trainiert. Klaus Siebert wechselte die Teams immer wieder und Gerald Hönig kam aus Italien zurück, doch Wolfgang Pichler sorgt seit gefühlten Ewigkeiten dafür, dass die Schweden im Skizweikampf immer wieder auf sich aufmerksam machen. Was den 53-jährigen immer wieder motiviert und was sein Team von den anderen unterscheidet, erklärte er uns in einem Interview.

Wolfgang, Deine Anfänge in Schweden liegen weit zurück: Was motiviert Dich immer wieder?

Ich bin seit 15 Jahren in Schweden, da hängt natürlich bis heute viel Herzblut in der Arbeit drin. Das ist auch die Hauptmotivation. Als ich dort anfing, gab es eigentlich keine Basis, was den Biathlon-Sport anbelangt. Dass aber dann gleich so ein Talent wie Magdalena Forsberg auftaucht, das hätte keiner erwarten können. Ich bin der Überzeugung, dass ihre Ergebnisse damals größtenteils mein Werk waren, aber sie war auch einfach eine perfekte Biathletin.  

Inwiefern?
Sie hatte einfach alles: Sie vereinte die perfekte Schützin mit der perfekten Skilangläuferin. Sowas gibt es nicht immer, das hat man einmal im Leben.

Bist Du als Deutscher, der die Schweden trainieren soll, eigentlich auf Widerstand gestoßen?
Immer und immer wieder! Es haben sich sicher viele gefragt: Was will der denn jetzt hier? Aber ich bin einfach meinen Weg gegangen, denn was anderes bleibt einem auch nicht übrig.

Team Schweden Wie sah es damals mit der finanziellen Situation in Schweden aus?
Mittlerweile geht es besser. In meinem ersten Jahr habe ich 10.000 DM bekommen, wäre nicht wirklich mein Herz dabei gewesen, dann hätte ich das sicherlich nicht lange gemacht. Aber ich habe eine Devise gehabt in Schweden: Wir jammern nicht, sondern wir trainieren so hart, dass wir mit der Weltspitze mithalten können!

Das ist Euch ja gelungen – sieht es denn nun auch mit dem finanziellen besser aus?
Ja, schon. Dieses Jahr haben wir 400.000 Euro, um die Saison und das Training zu bestreiten. Natürlich klingt das erstmal viel – und für die Schweden ist das im Vergleich zu früheren Zeiten auch viel Geld. Aber man muss sich dennoch überlegen, wie man dieses Geld sinnvoll ausgibt. Die Norweger hingegen haben 900.000 Euro – das ist schon ein ganz anderes Level.

Wer ist bei Euch im Team für die Planung zuständig?
Das macht alles Staffan Eklund. Wir haben da zum Glück eine wunderbare Dreiteilung. Es gibt einen Chef-Trainer, einen wie Staffan, der sich um alles Organisatorische und Finanzielle kümmert und einen Chef-Wachser. Und keiner redet dem anderen in seinem Gebiet rein, das ist sicherlich selten zu finden.

Du bist demnach hundertprozentiger Chef des Trainings?
Ja, das läuft alles über mich. Ich werde manchmal als Diktator verschrien, doch dann sage ich immer nur: Einer muss doch der Chef sein! In meinem Team herrscht natürlich eine harte Disziplin, schließlich wollen das alles Profis sein. Da kann man nachts nicht einfach mal ausgehen und einen draufmachen. Wer das tut, fliegt aus der Mannschaft. Andererseits sind wir aber auch wieder eine Familie, die zusammenhält. Wobei, wenn man 200 Tage am Jahr gemeinsam verbringt, kommt das wohl zwangsläufig.

Viele Fans sagen, dass schwedische Team sei eins der „lockersten" im Weltcup…
Im Training wie gesagt nicht, da wird wirklich hart und ohne Abstriche der Sport gemacht. Aber bei Siegerehrungen hüpfen die Jungs dann auch mal ausgelassen rum oder lassen sich – wie zum Saisonabschluss – witzige Kostümierungen einfallen. Insgesamt passt bei uns der Zusammenhalt einfach. Wir sind gemeinsam von unten gekommen und erfreuen uns gemeinsam an den Erfolgen. Im Trainingslager ist man auch eine eingeschworene Gemeinschaft, jeder hat seinen Teil zu erfüllen: Ich bring die Semmeln mit, der Eine deckt den Tisch, der Nächste hat wieder eine andere Aufgabe … und dann wird gemeinsam gefrühstückt.

Ihr logiert also zum
Trainingslager nicht in Fünf-Sterne-Hotels?

(lacht) Nein, aber nicht, weil wir arm sind, sondern weil meine Ansicht ist, dass ein Top-Hotel noch keinen Top-Sportler macht. Wir verpflegen uns bei unseren Trainingslagern in Ruhpolding privat und gemeinsam zu kochen – das schafft auch wieder eine Art Bindung im Team. Auch wenn das ein Einzelsport ist: Die Atmosphäre im Team ist wichtig!

In Teil 2 des Interviews erklärt uns Wolfgang Pichler seine immer wieder gern gesehene Emotionalität an der Strecke, die Aussichten auf die kommenden Weltmeisterschaften, seine Zukunftsgedanken und vieles, vieles mehr…


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