Andrea Henkel

Biathlon-WC Oslo: Im Gespräch mit Andrea Henkel

Andrea HenkelAndrea Henkel hat lange Zeit mitgekämpft im spannenden Rennen um den Gesamtweltcup der Damen. Nach dem heutigen Verfolgungsrennen hingegen hat sie beschlossen, das morgige Rennen ganz entspannt zu sehen und sich aus dem Duell Neuner-Bailly herauszuhalten. Mit Platz drei im Weltcup und drei WM-Titeln in Östersund dürfte sie dennoch zufrieden sein mit dem zu Ende gehenden Winter. In einem Interview sprach sie mit uns über die Saison, die Erfolge und die kommenden Wochen.

Andrea, nach dem heutigen Rennen hast Du gesagt, Du wärst jetzt total entspannt. Warum?
Ich weiß auch nicht. Klar, ich habe mit dem Ziel Gesamtweltcup abgeschlossen. Mein Ziel vor der Saison war ein Platz unter den ersten Drei. Und dass es nun nicht Platz eins ist – das muss ja nicht jedes Jahr sein. (lacht) Ich hatte auch schon schlechtere Jahre und ehrlich gesagt finde ich, dass ich diesen Winter nur in Antholz und Östersund gut war. Sonst war ich wirklich nicht so der Knaller dieses Jahr.

Aber als Gesamtweltcupdritte musst Du doch etwas richtig gemacht haben?
Ich habe mich halt einfach konstant im Mittelfeld gehalten und oft um die 20 herum platziert. Damit habe ich nicht richtig gepunktet, hab aber auch hohe Streichresultate. Es ist schon irgendwie richtig, dass ich mit meinen drei- und vier-Fehler-Schießeinlagen nicht den Gesamtweltcup gewinne. Und nach den Leistungen zu Beginn hätte ich das echt nicht erwartet.

Woher kommen diese Fehler beim Schießen?
Wir haben schon öfters festgestellt, dass ich Grundlagenschießen nicht so kann, aber unter Belastung besser werde. Das war schon in der letzten Saison so und diese war es nicht anders. Daher versuche ich dieses Frühjahr mal, nicht das typische Grundlagenschießen zu machen, denn das macht mich nur nervös und demotiviert. Ich hab da Fehler geschossen, die würde kein Anfänger schießen.

Andrea Henkel Welche Saison ist demnach besser? Die letzte mit dem Gesamtweltcupsieg oder die drei WM-Medaillen dieses Jahr?
Insgesamt kann man das nicht betrachten, man muss es vielleicht unterteilen. Die Saison selbst war dieses Jahr schlechter – und zwar gleich von Beginn an im Dezember. Die Weltmeisterschaft war natürlich dieses Jahr besser. Auch wenn die im letzten Jahr schöner war.

Warum?
Antholz kann man einfach nicht toppen. Letztes Jahr hat von der Stimmung und vom Wetter her alles gepasst. Natürlich hat Östersund sich im Vergleich zu den Weltcups erheblich gesteigert, aber Antholz ist einfach etwas anderes. Es ist aber auch so, dass ich zur WM selbst meine besten, aber auch meine zwei schlechtesten Resultate eingefahren habe. Das war frei nach dem Motto „Ganz oder gar nicht!"

Nach der WM gab es erneut einen Empfang bei Dir daheim in Großbreitenbach. Wie hast Du den miterlebt?
Also, es stand ja schon vor der WM fest, dass es einen Empfang geben würde. Die sind einfach ganz stolz darauf, dass der Name Großbreitenbach in die Welt getragen wird. Ich hatte das Gefühl, da war mehr los als im letzten Jahr. Das ist schon schön, wenn man nach Hause kommt und einen die ganze Stadt empfängt. So etwas hat ja nicht jeder!

Danach ging es weiter nach Südkorea. Überwog da der Frust durch den Reisestress oder die Neugierde auf diesen 'neuen' Biathlon-Ort?
Naja, am Anfang war ich schon interessiert, mal einen anderen Platz zu sehen, als die Orte, zu denen wir schon seit Jahren reisen. Mir war ja klar, dass es eine lange Reise werden würde. Aber durch etliche Verzögerungen haben wir ja mehr Stunden im Flieger verbracht, als nötig gewesen wäre. Das war schon grenzwertig.

Andrea Henkel Wie sah es fernab der Reiseprobleme aus?
Die Koreaner haben sich schon Mühe gegeben. Aber die Strecke gefällt mir gar nicht, zum Glück wollen sie die noch einmal abändern. Die Anstiege sind ja kein Problem, so einen Berg hoch komme ich schon, aber die Abfahrten waren doch zu gefährlich. Die Runden waren nicht unbedingt sportlerfreundlich. Klar können sie die Berge nicht abtragen, aber die Runden kann man anders legen – und das werden sie zum Glück machen. Das Problem sind wieder die Startzeiten, denn das wird erneut sehr spät werden.
 
Werdet Ihr dann wieder so leben, wie dieses Jahr oder Euch der Zeit anpassen?
Das bringt nichts! Ich kam teilweise erst um elf vom Auslaufen zurück – da ist man nicht innerhalb von fünf Minuten bettfertig. Also werden wir wohl wieder zu Nachtmenschen mutieren!

Von Khanty nach Oslo hat es wieder Reiseprobleme gegeben, was war da los?
Drei Stunden haben wir hier in Oslo auf das Gepäck gewartet, weil nur zwei Gepäckleute bestellt wurden und natürlich auch die Bänder durch die vielen Linienflüge besetzt waren. So war es sehr spät, als wir dann hier waren. ‚Gut, dass der Tag 28 Stunden hatte, sonst hätten wir es nicht geschafft!‘ hab ich da immer gesagt.

Danach kam der Kampf mit den Bedingungen. Wie bist Du damit zurecht gekommen?
Ich hab die Bedingungen tatsächlich gemocht. Im tiefsten Punkt ist eine Abfahrt mit Kurve und die kann ich besser nehmen, wenn es nass ist. Ich mag es einfach nicht, wenn es richtig glatt ist. Ich mag es eher, wenn man den Ski noch etwas führen muss. Klar ist es hart, hier zu laufen. Aber es ist immer noch schöner, also irgendwo außerhalb der Kurve zu liegen!

Wie schaut Dein Plan nach Oslo aus?
Ich denke mal, wir müssen erstmal die Beine hochlegen. In der ersten Aprilwoche muss ich noch zur Militär-WM, aber danach werde ich sicher zwei Wochen mal keinen Sport machen.

Andrea Henkel Kannst Du das, keinen Sport machen?
Naja, also ich muss nicht jeden Tag trainieren gehen. Ich würde also keinen Trainings-mäßigen Sport machen. Denn einfach so auf der Couch liegen kann ich auch nicht lange. Ich brauche dann schon eine Beschäftigung.

Wirst Du Dich auf die Militär-WM noch einmal vorbereiten oder eher nicht?
Ich möchte mich dort nicht komplett quälen, aber ich möchte auch eine gute Leistung bringen. Aber ich werde vorher kein Biathlon-Training machen, denn das kann ich jetzt nach dem Winter einfach nicht mehr. Ich denke, ich werde kein Problem damit haben, dort an den Start zu gehen und meine Leistung zu zeigen, ohne vorher hartes Biathlon-Training gemacht zu haben.

Wie schaut es mit Deinem anderen Vorhaben – dem Biathlon-Projekt am Fläming – aus?
Das sollte eigentlich im Frühsommer eröffnet werden, jetzt wird es wahrscheinlich Spätsommer eine kleine Eröffnung geben. Nächstes Frühjahr ist dann große Eröffnung. Aber es geht voran!

Noch ein Wort zum morgigen Rennen?
Im Moment bin ich ziemlich relaxt, aber nichtsdestotrotz will ich gern mit einem Knall aus der Saison gehen.

Wieder im Sinne von 'ganz oder gar nicht'?
Dieses Mal nehme ich ganz! (lacht) Gar nicht hatte ich oft genug!

Na denn viel Erfolg für morgen. Danke für Deine Zeit!

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