Antholz

(WC Khanty 2009) Tina Bachmann

Tina BachmannTina, Deine Saison hat mit Krankheiten und kleinen Problemchen nicht unbedingt so angefangen, dass Du auch nur im Entferntesten mit einem Weltcup-Sieg rechnen konntest, oder?
Keinesfalls! Irgendwann um die Jahreswende rum hatte ich sogar die Hoffnung aufgegeben, überhaupt noch laufen zu können. Ich war echt ganz schön am Tiefpunkt angelangt und in ein Loch gestürzt. Das alles entscheidende waren die Wettkämpfe in Osrblie. Da habe ich gesagt: Entweder Hopp oder Top! Wenn das nichts geworden wäre, wüsste ich nicht, wie meine Saison ausgesehen hätte.

Aber in Osrblie konnte man dann sagen: Sie kam, sah und siegte!
Das stimmt. Aber ich wusste auch, dass ich vorn mit dabei sein könnte. Die Laufleistung hat immer gestimmt und das einzige Problem war mein Schießen. Die Unsicherheit hat mich da richtig verfolgt. Aber ich habe immer gekämpft und war, wenn alles gut lief, vorn mit dabei. Und dadurch wusste ich auch, dass ich es kann.

Heute warst Du beim Stehendschießen ungewöhnlich cool. Wie kam das?
Ich habe es heute endlich mal geschafft, mich nur auf mich zu konzentrieren. Es war auch gut, dass ich nicht wusste, wie weit vorn ich liege, denn ich denke schon recht ergebnisorientiert. Und da schweifen die Gedanken schnell ab am Schießstand. Aber heute war das ausgeschalten und ich habe einfach das abgearbeitet, was ich kann. Uwe hat nach dem Rennen zu mir gesagt: „Schau, die Scheiben sind doch für alle gleich groß…!" (lacht) Denn die letzten Tage hier waren im Stehendanschlag wirklich schlecht…

Hast Du demnach erst nach dem letzten Schießen erfahren, dass Du um den Sieg mitläufst?
Ja, als ich aus dem Stadion raus bin, habe ich Simis Namen ganz oben gesehen und dann meinte Gerald Hönig auf der Strecke, dass ich sechs Sekunden vor Simone wäre. Ich musste ganz schön rennen, um den Vorsprung zu halten und als ich dann im Ziel auf die Anzeigetafel geschaut habe, hab ich nicht viel mehr denken können als „Boah!"…irgendwie war das unfassbar.

Im TV hat Simone gesagt, ihr hättet gestern ein Zielwässerchen getrunken. Das zeugt von einer gewissen Lockerheit…
Das stimmt, aber da färbt auch das Team ganz schön auf mich ab. Ich wäre normalerweise viel zu angespannt, um am Tag vor dem Rennen noch was zu trinken. Aber hier ist eine so lockere und doch konzentrierte Atmosphäre, da kann ich einiges von den Mädels lernen.

Tina Bachmann Ist das im B-Team nicht so?
Kann es nicht sein! Es ist zwar privat eine entspannte Atmosphäre, aber sonst geht das nicht. Schließlich kämpft dort jeder um einen Platz im Weltcup. Hier geht es im dem Sinne um nichts, weil die Frauen hier gestandene Athletinnen sind, die alle ihre Erfolge schon feiern konnten. Das schafft eine tolle Stimmung. Heute hat sich auch wirklich jede für mich unheimlich gefreut. Das ist einfach toll, das zu sehen!

Wie groß ist sonst der Unterschied zum IBU-Cup?
Ach, das kann man gar nicht alles zusammenfassen. Interessant war erst mal die Pressekonferenz, wo ich mit meinem wenigen Englisch wirklich nicht weit gekommen bin. Auch bei der Siegerehrung bin ich den Leuten einfach hinterher getrottet. Ich weiß ja gar nicht, wie das alles abläuft. Und dann musste ich die Unterschrift für das Preisgeld leisten…ich glaub, ich hab vor lauter Schreck über die Summe gleich vergessen, wie viel es war!

10.000 Euro sind es. Das wird ein guter Urlaub, oder?
(lacht) Oh, da muss ich mal schauen. Ich freue mich auf alle Fälle erst mal auf daheim. Ich habe heute schon unheimlich viele Anrufe bekommen, von all den Leuten, die auch in der schweren Zeit diesen Winter zu mir gestanden haben. Das war wirklich toll. Selbst mein Vater war sprachlos und der findet normalerweise immer Worte.

Sprachlos sind sicher auch einige Fans: Scheint, als ob hier in Khanty die Newcomer alles abräumen.
Das hab ich mir auch schon gedacht. Aber ich muss sagen, dass diese Erfolge vor allem für die Trainingsgruppe der Bundespolizei in Bad Endorf sprechen. Arnd Peiffer, Daniel Böhm, Juliane Döll und ich haben dort diesen Sommer gut zusammen trainiert. Und ich denke, unsere Platzierungen haben uns auch gegenseitig motiviert. Ich hab Jule in Vancouver gesehen und zu ihr habe ich ja einen direkteren Vergleich, als zum Rest der Mannschaft. Da weiß man schon eher, wo man steht oder stehen könnte. Daniel wird das mit Arnd sicher ähnlich gegangen sein. Und im Endeffekt können sich die Erfolge ja wirklich sehen lassen…

Arnd meinte im Interview, die Verfolgung würde ihm schon Sorgen bereiten. Wie geht es Dir, wenn Du an morgen denkst?
Ich versuche derzeit, gar nicht daran zu denken. Ich muss eh einfach mein Rennen machen und wieder versuchen, die anderen auszublenden. Ob mir das gelingt, ist wieder etwas anderes. Aber das sehe ich ja dann wirklich erst morgen, denn in der Situation war ich bisher auch noch nicht…Ich bin gespannt, was das wird.

Wir auch! Wir drücken Dir auf jeden Fall die Daumen!

Special Biathlon-Weltcup 2009 in Khanty-Mansiysk

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