Frank Ullrich

(WM Antholz) Frank Ullrich

Zu Anfang der WM sieht es bisher nicht rosig aus für das Deutsche Team. Dennoch rechnet man sich weiterhin hohe Chancen aus. Wir haben Bundestrainer Frank Ullrich am Ruhetag gefragt, wie er sich den weiteren Verlauf der WM vorstellen könnte.

ullrich2Herr Ullrich, die deutsche Presse hat nach den ersten Wettkämpfen der Herren von einem deutschen Debakel geredet. Sehen Sie es als Debakel oder als Lehrstunde für die kommenden Wettkämpfe?

Nein, als Debakel würde ich das nicht bezeichnen. Es ist natürlich etwas gewesen, womit wir so nicht gerechnet hätten. Aber ein Sven Fischer hat auch gezeigt, dass er fehlerfrei durchkommen und sich in der Verfolgung um etliche Plätze verbessern kann. Oder ein Ali Wolf, der von der Laufzeit her mit der Spitze mithalten kann und sich dadurch enorm in Szene gesetzt hat. Natürlich ist er am Schluss durch die äußeren Bedingungen, die er an dem Tag nicht beherrscht hat, zurückgefallen, aber das ist nun mal Biathlon. Man sollte da auch einmal ein klein bisschen fairer und realistischer sein und etwas sachlicher mit Athleten umgehen, die schon viel erreicht haben.

Was trauen Sie der Mannschaft fürs morgige Einzel zu?

Also ich bin überzeugt, dass sie auf alle Fälle gut gerüstet ist und das wir auch in der Lage sein werden, wieder um das Podium zu ringen. Inwieweit wir es dann schaffen, wird auch davon abhängen, inwiefern uns die anderen Länder es leicht machen oder auch nicht – aber ich glaube, da gehört auch ein kleines Quäntchen Glück dazu. Das denk ich hat man in den letzten Tagen, Wochen oder Monaten gesehen, wie erst gestern bei der Handball Nationalmannschaft, die auch bärenstark waren und dennoch ein bisschen Glück brauchten.

ullrichIm Einzel wird es viel ums Schießen gehen, doch bisher ist nur Sven Fischer fehlerfrei durchgekommen. Wie sind die Schießergebnisse zu begründen – lag es an den Bedingungen oder an den Athleten selbst?

Na gut, man hat ja gesehen, dass ein Sven Fischer in der Lage ist, vier Mal null zu schießen, wo kein anderer Athlet am gestrigen Tage null geschossen hat. Also sieht man auch was alles möglich ist, was von Tag zu Tag geändert werden kann, wo man einen speziellen Fokus legen muss. Wie gesagt, das waren am Ende im Sprint komplizierte Bedingungen, bei denen der eine sehr gut durchgekommen ist und der andere sehr straff im Wind gestanden hat oder von vornherein eh keine Chance hatte, das muss ich auch mal so deutlich sagen. Aber einen Tag später zeigen sie dann, dass sie es können, also denke ich, dass wir gut gerüstet sind. Und das auch speziell für den morgigen Einzelwettkampf.

Wo sehen Sie bei den kommenden Wettkämpfen die größten Medaillenchancen?

Nun ja, wir haben unsere Trauben selbst sehr hoch gehangen. Medaillen oder Medaillenchancen wollen wir eigentlich in jedem Wettkampf, ob das der Einzel ist, die Mixed-Staffel oder die abschließenden Wettbewerbe. Wir werden jeden Tag hier an den Start gehen, um mit um Medaillen zu ringen. Das ist eigentlich unser höchstes Prinzip. Wenn wir das nicht machen würden, wäre das auch eine völlig falsche Einstellung. Dementsprechend werden wir uns auch hier wieder positionieren, um die Medaillen anzugreifen. Ob es klappen wird, wird die Situation auch erst wieder zeigen. Aber ich bin optimistisch, dass die Jungs aus dem Verfolgungswettkampf gefestigt herausgekommen sind und Richtung Einzel ist wieder alles möglich. Natürlich wird es ein gnadenlos harter Wettkampf hier in der Höhe werden und man hat gesehen, dass viele Athleten müde sind. Natürlich gibt es einige Athleten, wie Ole Einar Bjoerndalen, die ein paar Wettkämpfe ausgelassen haben und hier mit der nötigen Spritzigkeit antreten. Aber das soll ja keine Entschuldigung sein, im Gegenteil. Wir werden immer wieder darauf eingestellt sein, so viele Wettkämpfe wie möglich laufen zu können. Man sollte vielleicht der IBU als Anregung mitgeben, dass sie versuchen nach vier harten Wochen – das fängt ja für viele schon in Schalke an, wo die deutsche Mannschaft ja auch an den Start gegangen ist – etwas zu ändern. Schließlich sind das vier straffe Wochen und dann kommt mit nur einer Woche Verzug die Weltmeisterschaft. Da sollte man vorschlagen, dass man in der WM-Vorbereitung einfach noch mal eine zusätzliche Woche Luft ranlässt und den Athleten auch die Möglichkeit zur Regeneration gibt.

Vielen Dank für das Interview und viel Glück morgen!

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