Ausführliche Geschichte

1 Begriffsklärung

Biathlon ist griechisch und bedeutet wörtlich übersetzt Zwei-Kampf. Dabei bilden hier die beiden Disziplinen Schießen und Laufen die zwei „Kämpfe“, in denen sich der Athlet bewähren muss.

Als Geburtsland des Skisports wird im Allgemeinen Norwegen gesehen. Vom König bis zum Vorschulkind – ganz Norwegen war und ist skibegeistert. Noch heute gibt es Orte in Norwegen, die nur mit Skiern erreichbar sind, da sie im tiefsten Wald oder Gebirge liegen. Die Begeisterung der Norweger ist in dieser Zeit nicht nur auf die Erziehung zurückzuführen, die jedem Kind frühzeitig die Grundlagen des Skifahrens beibrachte, sondern auch auf die Erfolge der norwegischen Sportler. Dabei sind die ersten Anfänge schon viel früher vermerkt:

2 Anfänge des Biathlons in der Edda

In den nordischen Sagen wurden die Grundlagen gelegt, da es dort häufig zu Zweikämpfen auf Skiern kam. So gab es gleichfalls einen nordischen Skigott in Skandinavien – den Gott Ullr, dem Grimurslied der Edda nach der größte Skijäger:

Ull, der Hehre, haust in Eibental, der Bogenschütze bester, der schnellste auf Schneeschuhen. Beim Zweikampfe ruft man ihn an.“

Auch die Namensgeberin Skandinaviens, Skadi, wurde als Skigöttin bezeichnet, dabei war sie eher eine Art nordische Jagdgöttin. Der Edda nach war sie mit dem Lichtgott Njørd verheiratet, doch während es Skadi in die Berge zog, folgte Njørd ganz anderen Vergnügungen: Er wollte nicht mit ihr in den Bergen Skifahren, sondern lieber am warmen Meeresstrand bleiben und so zog Skadi mit Brettern und Bogen bewaffnet aus und hauste ab da bei ihrem Vater dem Frostriesen Thiazzi in den Skanden. So kann man der Sage nach schon da von der ersten Biathletin sprechen – eine bewaffnete Göttin auf Skiern.

3 Biathlon durch die frühe Geschichte

Höhlenmalereien, wie die bei Besow-Noß (ca. 500 v.u.Z.) am Onegasee zeugen von Jägern mit Trittbrettern oder Bärenfelltatzen während der eiszeitlichen Altsteinzeit. Diese Art der Jagd war jedoch sehr mühselig und somit wurden in der nordischen Tundra in der Gegend des Baikalsees erstmals längliche Gebilde geschaffen, auf denen man gleiten konnte. Schnell Ski zu laufen und gleichzeitig Wild erlegen zu können war damals überlebensnotwendig. Auch der Runenstein von Balingsta (um 1050) zeigte schon einen Skijäger mit Pfeil und Bogen.

Da man damals noch keine Kenntnisse im Verbiegen von Holz hatte, wurden die Spitzen der Bretter von dem Fahrer mit Seilen nach oben gezogen. Erst später entwickelte sich die Fähigkeit, die Spitzen nach oben zu biegen.

Doch weiterhin waren die Skier unterschiedlich ausgeprägt. So gab es einen kurzen, breiten Südtyp und einen langen und dünnen arktischen Typ. Da man in den jeweiligen Gebieten die Vorteile des dort verbreiteten Skityps zu schätzen und gleichzeitig zu verbessern gelernt hatte, entstand eine Vielzahl von neu entwickelten Skiern.

Weitere Anzeichen für die Wichtigkeit des Skikampfes zeigen sich im Feudalismus: Der König konnte sein Amt nur antreten, wenn er sich als Kämpfer und Krieger auf Skiern hervortat.

4 Biathlon als Militärsportart

Seit dem 16. Jahrhundert existieren norwegische Skiregimente. Im Jahre 1710 wurden die norwegischen Skikompanien mit der „Skikarle“, einer Büchse mit Feuersteinschloss ausgerüstet, um so ihre Tätigkeitsfelder auch auf die Verteidigung ausweiten zu können.

Aber auch preußische und bayerische Regimenter entstanden aufgrund des immensen Nationalstolzes und dem Vormachtstreben der deutschen Staaten. Um die Stärke der eigenen Truppe zu beweisen, wurden verschiedene Wettbewerbe entwickelt. So entstanden ca. 1767 die ersten Skiwettbewerbe für Skikompanien, bei denen auch noch die Teilnahme von Zivilisten erlaubt war. Dabei erhielten die 2 Teilnehmer, die auf einen kleinen Abhang in voller Fahrt ihr Gewehr abfeuern und am genausten auf ein feststehendes Ziel in einer Entfernung von 40-50 Schritt treffen konnten, 20 Taler. Die Bedeutung dieser Leistungsdemonstrationen nahm zu. Da es innerhalb der Armee nur Gruppenausbildung und keine Einzelausbildung gab, entwickelte sich der Skipatrouillenlauf, der als unmittelbarer Vorgänger des Biathlons gilt, um der gesamten Truppe die Ausbildung zu ermöglichen.

Die Bedeutung des Skilaufs bezog sich weiterhin nur auf die Jagd und das Militär und war der breiten Masse nicht zugänglich bzw. interessierte man sich auch kaum für die Fortbewegung auf Skiern.

1890 jedoch kam der Wandel mit Fridtjof Nansens Buch „Auf Schneeschuhen durch Grönland“. Der norwegische Friedensnobelpreisträger, Forscher und Entdecker Nansen berichtete darin von seiner legendären Überquerung des 560km breiten grönländischen Inlandeises innerhalb von 40 Tagen. Dies konnte ihm nur gelingen, weil er sich auf Skiern und mit Hundeschlitten fortbewegte. Während die norwegische Ausgabe des Buches ohne nennenswerten Erfolg aufgenommen wurde, entbrannte in Deutschland Begeisterung für die Skifahrt als Freizeitsport.

5 Damalige Skitechnik

Die damalige Ausrüstung war der unseren weit entfernt. Der Ski war 3 Meter lang, stark aufgebogen, sehr schwer und als Bindung diente nur eine Lederschleife. Auch der 2,5 Meter lange Stock mit einer massiven Holzscheibe am Ende war anders zu nutzen:

Zdarsy: „Die Abfahrt vollzieht sich so, dass sich der Skifahrer oben auf dem Hange zusammenkauert, sich fest auf den Stock zurücklegt und die Augen schließt. Dann saust er pfeilgeschwind hinab, solange, bis ihm der Atem vergeht. Jetzt muss er sich seitwärts in den Schnee werfen, warten, bis er zu Atem kommt und dann wiederholt er das Sausen, bleibt wieder liegen, holt wieder Atem und so fort, bis er unten ankommt.“

6 Die entscheidenden Entwicklungsschritte im Biathlon

Der erste Jagdsport fand 1897 in Ruhpolding statt: Eduard Hauenstein, ein Ruhpoldinger Jäger brachte von einer Reise aus Lappland die ersten Langlaufbretter mit und war so für lange Zeit der einzige Jäger auf Skiern. 1898 entdeckt ein Dr. Madlener aus Kempten, dass Seehundfelle auf der Lauffläche eine wirksame Steighilfe darstellen, und nachdem sich 1910 die norwegische Zweistocktechnik durchsetzt, ist der Weg für die rasante Biathlonentwicklung in Deutschland geschaffen.

Ab 1910 wurden auf Vorschlag des „Skiklubs Schwarzwald“ Wettkämpfe von Patrouillen veranstaltet, die ab 1912 durch die Stiftung des sogenannten „Schwedenbechers“ als Siegprämie eine Aufwertung erfuhren.

1924 zu den Olympischen Spielen in Chamonix wurde das erste Mal ein Patrouillenlauf als Demonstrationswettbewerb vor-geführt.

Zur Wintersportolympiade 1936 in Garmisch-Partenkirchen galt er als Demonstrationswettbewerb für die Stärke des NS-Regimes, bei dem neben Deutschland auch

Polen, Frankreich, Finnland, Schweden, die Tschechoslowakei und Österreich teilnahmen. Seit dem Ende der 30er wurde der Patrouillenlauf fester Bestandteil der jährlichen Heeres-Skimeisterschaften und der Wehrsportwochen.

Während des Krieges galt er als Wehrertüchtigung für die Sportjugend im Hochland, zudem führten die heroisierende Filmpropaganda „Triumph des Willens“ von Leni Riefenstahl und die Kriegsberichterstattung zu einer Aufwertung des Wintersports und vor allem des Patrouillenlaufs, da dieser besonders als Kriegssportart angesehen wurde.

Nach dem Kriegsende versank der Militärpatrouillenlauf wie andere milit&au
ml;rische Sportarten in der Versenkung, doch bald kamen Ideen auf, den Patrouillenlauf durch einen Wintermehrkampf zu ersetzen und somit wurde 1948 die UIPMB, die Internationale Union für modernen Fünfkampf und Biathlon, gegründet.

Bei den 5. Olympischen Winterspielen in Sankt Moritz wurde dieser Wettkampf, bestehend aus Skilanglauf, Abfahrtslauf, Schießen, Fechten und Reiten erstmals vorgeführt. Doch man gab sich weiterhin mit dieser Lösung nicht zufrieden und so gab das IOC 1949 dem Schwedischen Modell des Laufens und Schießens den Zuschlag. Dies ist nun der Beginn des Biathlonsports, so wie man ihn heute kennt. Es war jedoch ein steiniger Weg, der dem Sport eine eher ruhige Entwicklung bescherte. 1958 wurde die erste Biathlon-WM im österreichischen Saalfelden ausgetragen und 1960 in Squaw Valley erstmals als Olympische Disziplin ausgetragen. Die Olympischen Winterspiele stellten die ersten professionellen Voraussetzungen für den Sport. Außerhalb der Olympiade lebte Biathlon vorrangig von Improvisation, so mussten die Wettkämpfer meist ihre Loipen selbst spuren und hatten auch öfters mit Tiefschnee zu kämpfen. Den gravierendsten Unterschied zum heutigen Biathlon findet man bei den Schießübungen. Als Ziele dienten Luftballons, die in quadratische Kartonagen gesteckt wurden und es wurde noch mit Großkalibergewehren ohne spezielle Zieloptik geschossen.

Durch die Einführung der Kleinkalibergewehre 1972 begann ein ungeahnter Aufschwung, da das Teilnehmerfeld, das vorher nur aus Militärangehörigen bestand, sich nun vergrößerte und zudem die Zuschauer näher an den Schießplatz heran konnten. So wurde auch die Deutsche Meisterschaft in Ruhpolding zu einem großen Erfolg und man konnte Biathlon nun als Breitensport ansehen.

1976 taten Kurt Hinze aus Oberhof und Paul Zingerle aus Antholz den letzten Schritt zur rasanten Umgestaltung im Biathlon, indem sie den Weltcup ins Leben riefen. In Deutschland wurden nun Sportförderkader bei Bundeswehr und Grenzschutz eingerichtet und die sportliche Tätigkeit wurde zu einem Full Time Job, bei dem man durchschnittlich 6000 km Skistrecke sowie 8000-10000 Trainingsschüsse für die Saisonvorbereitung absolvieren musste.

Anfang der 80er Jahre wurden die UIPMB durch die ČSSR und Skandinavien unter Druck gesetzt, einen Wettbewerb für Frauen zu veranstalten. In Minsk wurde 1982 dann endlich der Entschluss gefasst, Frauenwettbewerbe ab 1983/84 für Weltmeisterschaften und ab 1992 für die Olympischen Spiele zuzulassen. Die Medaillen machten jedoch am Anfang Skandinavien und Russland unter sich aus, während sich der DSV reserviert gegenüber der Förderung von Frauenbiathlon gab.

Durch das WM-Gold der Deutschen Petra Schaaf wurde jedoch nicht nur ihr, sondern das Selbstbewusstsein aller Athletinnen gestärkt und der DSV sah sich nach Siegen von Uschi Disl und Antje Misersky veranlasst, den Frauenbiathlon genauso stark wie den der Herren zu fördern.

Am 02. Juli 1993 wurde in Heathrow bei London die IBU gegründet und bald darauf als internationaler olympischer Wintersportverband durch das IOC anerkannt.(Derzeit zählt die IBU ca. 59 nationale Verbände als ordentliche Mitglieder)

Durch die große Unterstützung von Seiten des DSV bekam Garmisch-Partenkirchen 1966 die Biathlon-WM. Die WM sorgte dafür, dass der Sport in ganz Deutschland bekannt wurde und so wurde 1969 ein eigener Biathlonverband gegründet.

Fritz Wagnerberger (Präsident des DSV), Franz Schneider (Schatzmeister des DSV) und der damalige Bürgermeister von Ruhpolding ließen 1972 Planungsvorschläge zum Bau eines Biathlon-Leistungszentrums in der Region Oberbayern ausarbeiten. Da viele große Orte trotz des Erfolgs in Garmisch-Partenkirchen weiter zögerten, bekam der Skiclub des kleinen Ortes Ruhpolding im April 1972 die Zusage.

Die Olympischen Spiele in Squaw Valley und die damit verbundene Aussicht auf Medaillen führen dazu, dass die DDR-Sportführung Biathlonzentren in Oberhof und Zinnwald gründet.

Da Biathlon in Thüringen keine Tradition hatte, wurde die erste Mannschaft aus Langläufern der zweiten Reihe rekrutiert. Ein weiteres Beispiel für das geringe Interesse an dem Sport war, dass man anfangs außerhalb Oberhofs trainierte, da die klassischen Talentschmieden den anderen Skidisziplinen vorbehalten waren.

Nach Beendigung ihrer aktiver Laufbahn starteten vor allem Kuno Werner, Herbert Kirchner und Günther Deinert als „Wanderprediger“ für Biathlon und so entstanden bald die ersten Gemeinschaften in Trusetal, Scheibe Alsbach, Luisenthal, Frankenhain und Tambach-Dietharz. Lange Zeit wurde die Entwicklung innerhalb der DDR gebremst, da man den Sport wenig publik machte. Trotz der Weltmeisterschaft 1967 in Altenberg wurde der Biathlonsport der breiten Masse kaum zugänglich. (siehe Anlage A)

1976 holte die DDR Mannschaft mit Frank Ullrich, Manfred Geyer und Karl-Heinz Menz (alle ASV Oberhof) und Manfred Beer (Dynamo Zinnwald) Staffelbronze. Damit begann eine Erfolgskette die bis heute andauert und Oberhof zum erfolgreichsten Biathlonzentrum der Welt macht.

Während jedoch Ruhpolding und Antholz für die Weltmeisterschaften 1995 und 1996 eine totale Umgestaltung erfuhren, konnte Oberhof dieser Entwicklung vorerst nicht folgen. Ruhpolding vergrößerte das Fassungsvermögen des Stadions und der Strecken von 10.000 Zuschauer auf 50.000, verlegte den Start- und Zielbereich ins Schießstadion, um die Wettkämpfe interessanter zu machen und erweiterte die Schießstände wegen der stetig wachsenden Athletenzahl auf 30.

In Oberhof dagegen war man noch auf dem Niveau des 1983 erbauten Stadions geblieben. Die Anlage wurde damals innerhalb weniger Monate durch Pioniere und Bautrupps der Armee aufgebaut, da Oberhof Ausrichter der Militärspartakiade war. Doch während des Biathlon-Booms kamen immer mehr Besucher an den Rennsteig und es stellte sich heraus, dass das Skistadion die Zuschauererzahlen nicht mehr fassen kann. Zwar wurde 1992 die technische Anlage erneuert, doch der Platz wurde nicht vergrößert und erst für die Weltmeisterschaft 2004 begann ein zweieinhalb Jahre dauernder, großzügiger Um- und Ausbau für ca. 6,5 Mio. Euro.

2007 erlebte jedoch das derzeit modernste Biathlonstadion seine größten Momente: das umgebaute Stadion der Biathlonhochburg Antholz. Die Weltmeisterschaften waren ein Erfolg auf der ganzen Linie und setzen neue Maßstäbe für kommende Großveranstaltungen.

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