Michela Ponza

Interview mit Michela Ponza, Teil 2

Michela PonzaIm ersten Teil unseres Interviews sprach die italienische Biathletin Michela Ponza mit uns über ihre bisherige Saison, die Schießleistungen der italienischen Damen und ihre Erwartungen für Östersund. Im zweiten Teil haben wir sie zu ihrer Saisonvorbereitung, ihren gesundheitlichen Problemen und der Dopingproblematik befragt.


Michela, die deutschen Athleten beschreiben ihre Heim-Weltcups meist als Stress. Kennt ihr so etwas von Eurem Heimspiel in Antholz?

Nein, eigentlich kennen wir solchen Presserummel nicht. Nicht mal zu Olympia 2006 interessierte der Sport unsere Landleute. Den ganzen Sommer über ist niemand gekommen, als wir dann in Turin angekommen waren, kamen vielleicht zwei, drei Reporter. Aber zum Wettkampf war es schon so, dass ich im Zielraum an vielen Sportlern vorbei  bin, die alle Interviews gegeben haben und für uns interessierte sich niemand. Das ist halt bei uns so.

Also habt ihr eine relativ ruhige Vorbereitung, wenn keiner was von Euch will?
(lacht) Ja, das kann man so sagen.

Wo trainierst Du eigentlich im Sommer?
Heuer im Mai bin ich von meinem Zuhause in St. Christina nach Bormio umgesiedelt und bin bis November dort geblieben. Mein Freund wohnt dort und es gibt dort auch eine Rollerstrecke und einen Schießstand. Somit kann ich viel spezifischer und kraftmäßig intensiver trainieren.

Michela Ponza Wie sah denn Dein Training davor aus?
Bisher waren es immer Blöcke. Im Trainingslager bin ich Rollerski gefahren und daheim bin ich gelaufen. Immer im Wechsel. Aber die Umstellung ist tatsächlich schon schwer, denn ich habe ja jahrelang anders trainiert. Wobei ich schon merke, dass ich mich technisch verbessert habe. 

Konntest Du daheim gar nicht auf Rollerski trainieren?
Selten. Manchmal musste ich früh halb sieben raus, um auf der Straße zu trainieren, bevor die vielen Sommer-Touristen kamen.

Wirst Du also im nächsten Sommer wieder in Bormio trainieren?
Ich denke schon. Derzeit bin ich wieder daheim, weil in Bormio die Bedingungen im Winter nicht so optimal sind. Außerdem bin ich im Winter ja eh nicht oft zu Hause, da geht das schon.  Aber im Sommer werde ich sicher wieder in Bormio sein, denn das ist ein idealer Trainingsort.

Seit wann gibt es die Rollerskistrecke dort?
Sicher schon seit vier oder fünf Jahren. Die Norweger kommen auch relativ oft zum Training. Sonst haben wir in Italien ja keine Trainingsstützpunkte, wie ihr die gewohnt seid. Wir haben nur zwei Rollerbahnen. Die in Bormio und eine sehr kurze Bahn in Antholz. Aber in Bormio hat man gleich noch den Gletscher auf dem Stilfser Joch zum Skifahren zur Verfügung. Das ist also alles relativ praktisch.

Nach der letzten Saison dürftest Du doppelt motiviert gewesen sein, wieder ins Training zu starten.
Das stimmt. Ich hatte mir zum Ende der Saison Verbrennungen zugezogen, die durch einen Unfall mit meinem Inhaliergerät gekommen sind. Es war wirklich eine schwierige Zeit, nur daheim zu sitzen und im TV zu schauen, wie die anderen Rennen laufen. Wir Sportler wollen ja immer raus und uns bewegen, aber ich konnte das ganze vier Wochen lang nicht. Eine Woche geht ja noch, weil man sich freut, endlich mal keinen Plan zu haben, den man strikt befolgen muss. Aber nach einer Woche hast Du schlechte Laune und Du weißt nicht warum. Dir geht alles und jeder auf die Nerven, am meisten Du selbst.

Michela Ponza Wann hast Du wieder angefangen, zu trainieren?
Laufen konnte ich wieder nach einem Monat. Aber ich habe zwei Monate nicht geschossen. Dann stellte ich aber fest, dass es tatsächlich sehr gut ist, wenn man das Gewehr mal weglegt. Vor Kontiolahti oder auch vor Schalke habe ich es ähnlich gemacht und einfach nicht geschossen. Und dann klappt es bei mir anscheinend doppelt gut, weil man den Kopf frei bekommen hat.

Vielleicht solltest Du das vor Östersund auch probieren?
Ja, das wäre eine Idee. Aber man hat ja dann schon immer Angst, weil alle sagen: „Warum trainierst Du nicht?" Dennoch, vielleicht sollte ich das Risiko einfach mal eingehen.

Wird es eine spezielle Vorbereitung für die WM geben?
Theoretisch haben wir ein paar Tage Vorbereitung im Aostatal geplant. Aber Katja Haller, Mattia Cola und ich sind alle im Zoll, daher müssen wir zu den Zoll-Ski-Weltmeisterschaften nach Predazzo fahren. Bis ins Aostatal ist es uns dann doch zu weit, daher werden wir wohl bis zur Abreise am 6.Februar nach Schweden in Antholz trainieren.

Du bist derzeit gut in Form, obwohl Du anscheinend Probleme mit Deinem Fuß hast. Was ist da genau passiert?
Ich habe neue Skating-Schuhe mit Schaumgummi bekommen, die relativ dünn waren. Auf Skirollern war es kein Problem, aber dann auf den Ski. Da bin ich nur zweimal eine Stunde gefahren und schon hat der Knöchel wehgetan. Das habe ich dann auch nicht mehr wegbekommen. Nun laufe ich Schuhe mit Plastik statt mit Carbon. Die sind sehr viel weicher, aber es sind eben keine richtigen Skating-Schuhe.

Kannst Du nun schmerzfrei laufen?
Ja, schon. Eigentlich habe ich keine Schmerzen mehr. Aber als es damals anfing, ging es ganz schnell und schmerzte wie tausend Nadelstiche. Danach habe ich nur mit den Stöcken schieben können und musste einfach raus aus den Schuhen. In Oberhof habe ich es jetzt noch einmal probiert, aber nach fünf Minuten musste ich schon wieder raus.  Die jetzige Lösung ist zwar nicht optimal, aber es geht schon.

Auch mit Asthma scheinst Du Dich rumzuschlagen. Behindert Dich das?
Nun nicht mehr so sehr wie früher. Ich hab damals stundenlang nach einem Wettkampf gehustet. Wobei, Husten kommt bei mir öfters vor. Ich hatte
glaube nur eine Saison innerhalb meiner 15, 16 Jahre als aktive Biathletin, dass ich einmal nicht krank war.

Michela PonzaWie gehst Du mit dem Asthma um?
Also, derzeit nehme ich ein Spray. Das musste ich zwar erst genehmigen lassen, aber es hilft auf jeden Fall! Im Sommer ist das Asthma nicht so das Problem, aber im Winter macht mir die kalte Luft zu schaffen. Wenn ich da einmal eine schwere Einheit gemacht habe, kann es gut sein, dass ich ein bis zwei Stunden danach husten musste. Am liebsten würde ich ja nichts nehmen, aber es funktioniert sonst einfach nicht.

‚Nichts nehmen‘ im Sinne von unbegründeten Verdächtigungen?
Ja, damit müssen wir uns ja schon abgeben. Aber das Spray ist genehmigt und jeder weiß, dass ich es nehme. Überhaupt ist diese ganze Doping-Diskussion nicht schön. Ich will später einmal meinen Enkeln sagen können, dass ich all diese Erfolge auf saubere Art und Weise erlangt habe. Mir ist dann ein fünfter Platz wirklich lieber, als ein erster, den man mit illegalen Mitteln errungen hat.  Da brauch ich dann auch wirklich keine Medaille, denn wie soll man da noch stolz sein auf seine Leistung?

Du scheinst nicht gerade erfreut zu sein über die letzten Nachrichten?
Oh nein! Wenn etwas rauskommen würde, wäre ich schon sauer. Das macht doch nicht nur den Sport kaputt, sondern wir Sportler denken dann sicher auch öfters mal zurück an all die Rennen, wo die Verdächtigen vor Dir waren. Das ist doch traurig, wenn jemand auf diese Art und Weise seine Erfolge erringt.

Dann hoffen wir, dass alle ihre Erfolge auf saubere Art und Weise erringen! Danke für das Gespräch!

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