(WC Lahti) Simon Fourcade

(London/Lahti) Alisa Oleva, freie Mitarbeiterin unserer Seite und der Russischen Verbandsseite www.rbu-biathlon.ru führte dieses Interview mit der französischen Nachwuchshoffnung Simon Fourcade während des Biathon-Weltcups in Lahti.

Simon FourcadeSimon, herzlichen Glückwunsch zur ersten Podestplatzierung im Weltcup. Wie war Deine Stimmung vor dem Start in Lahti?
Ich war wie immer sehr konzentriert. Die letzte Zeit verlief bei mir ohne besonders gute Ergebnisse, deshalb ging ich die Rennen auch ohne besonders großen Enthusiasmus an. Als sie mir auf dem letzten Abschnitt mitteilten, dass ich mich vor Raphael befand, habe ich angefangen zu zittern vor lauter Aufregung. Ich bin sehr schnell gewesen, weil ich ihn wirklich schlagen wollte. (lacht) Es war ein schönes Gefühl, von ihm sofort im Ziel umarmt zu werden – und auch symbolisch, dass ich gerade mit ihm auf das Podest steigen konnte.


Hast Du keine Angst, dass Dir nach solchen ersten Erfolgen der Ruhm zu Kopf steigt?
Ich denke nicht, dass ich mich davor fürchten muss. Es war auch schon bei den Junioren-Wettbewerben ähnlich. Dazu kenne ich den Biathlon-Sport schon zu gut und bin schon genug Rennen bei den Senioren gelaufen.

Raphael Poirée hält Dich für Deinen Nachfolger. Bist Du damit einverstanden?
Ja, das ist die verbreitete Meinung. Einerseits schmeichelt es mir, gewiss. Andererseits – ärgert es einen auch ein wenig. Mein Name ist Simon Fourcade und ich möchte, dass die Leute das wissen, denn viel zu oft höre ich „Da, schau, das ist der neue Poirée!“
Allerdings kann ich nicht leugnen, dass Raphael sehr viel für mich bedeutet. Als ich klein war, hat er mich quasi dazu inspiriert, mit dem Biathlon anzufangen. Ich träumte, einmal so zu werden wie er und alle Wände meines Zimmers waren mit seinen Postern geschmückt.

Was ist Deine Lieblingsdisziplin? Poirée war ein Meister der Einzeldisziplin. Wirst Du auch dort sein Nachfolger werden?
Nein, ich persönlich bevorzuge den Sprint, das ist mein Lieblingsrennen.

Du hast Dein Zimmer mit Raphael geteilt. Nun beendet er seine Karriere, mit wem wirst Du nun während der Wettkämpfe zusammen wohnen?

Ehrlich gesagt, habe ich bisher noch nicht drüber nachgedacht. Ich komme mit allen recht gut klar, aber am meisten wohl mit Lois Habert, der wie ich auch aus Villard de Lans kommt.

Biathlon ist eine verhältnismäßig unpopuläre Sportart in Frankreich. Wie kam es, dass Du gerade damit anfingst?
Erst hat es mir mehr gefallen, Schlittschuh zu fahren. Aber meine Eltern bevorzugten Freiluft-Sport. Sie liebten es, Ski zu fahren und deshalb habe ich mich entschieden, ihrem Beispiel zu folgen. In der Skisektion bei mir waren viele Freunde, die später ins Biathlon gewechselt sind, also bin ich mit gegangen. So habe ich schon mit 16 mit dem Biathlon angefangen.

Wer sind Deine jetzigen Trainer?
Meine Schießtrainer sind Jean Paul Giacchino und Bruno Clement, wobei Bruno für mich auch der beste Trainer ist, der den Geist aufmuntern und die Stimmung anheben kann. Der Trainer für den Laufbereich ist Christian Dumont.

Martin FourcadeDein jüngerer Bruder ist auch Biathlet. Gibst Du ihm da irgendwelche Ratschläge?
Mein Bruder Martin ist 18 Jahre und tritt im Europacup an. In diesem Jahr hat er bei der Junioren-Weltmeisterschaft einen 5. und 9. Platz geholt. Natürlich gebe ich ihm Ratschlage und teile meine Erfahrung. Er ist ein sehr starker Kerl, daher hoffe ich auch, dass er zu gegebener Zeit zu uns ins Team wechseln wird.

Trainierst Du mit ihm zusammen?
Nein. Martin trainiert an einem ganz anderen Ort. Ich habe auch noch einen jüngeren Bruder der auch wieder woanders trainiert. Also sind die Fourcades über ganz Frankreich verteilt (lacht).

Was ist Deine Lieblingsetappe im Weltcup?
Ich liebe Deutschland, weil dort immer sehr viele Fans sind. Außerdem gefällt mir Oslo-Holmenkollen. In diesem Jahr warte ich relativ ungeduldig auf meine erste Fahrt nach Khanty. Es heißt, dort werden die Wettkämpfe immer sehr gut organisiert.

Frankreich hat keinen Weltcup. Was denkst Du, kann Haute-Marienne einen beanspruchen?
Nein, Haute-Marienne wird wohl in absehbarer Zeit leider nicht die A-Lizenz erhalten. Obwohl es wünschenswert wäre, damit eine der Etappen des Weltcups nach Frankreich kommen könnte.
 
Gibt es viele Fans, die Frankreich bei den Weltcups unterstützen?
Nein, leider gibt es im Stadion immer sehr wenige Franzosen, es sei denn man ist bei der Weltmeisterschaft oder bei den Olympischen Spielen.

Blickt man als Franzose dann also etwas neidvoll auf die Teams aus Russland, Deutschland oder Norwegen, die ja meist sehr viele Fans vor Ort haben?
Ja, manchmal ist das beneidenswert. Es wäre toll, wenn wir auch von einer solchen Menge unterstützt werden könnten. Allerdings haben wir ja die gleichen Farben wie die Russen, zumindest was die Fahnen betrifft! So kann man sich in der großen Masse der Fahnen auf den Tribünen auch mal vorstellen, dass es alles französische Fans sind. (lächelt)

Hilft oder stört Dich der Lärm der Fans am Schießstand?
Ich kann auf diese Frage nicht antworten, da ich es persönlich einfach nicht höre! Während des Schießens bin ich so konzentriert, dass der Lärm der Tribünen aufhört für mich zu existieren.

Simon FourcadeWas denkst Du über die Web-Seiten der Sportler? Sind sie notwendig oder nicht?
Ja, natü
rlich ist das eine gute Idee. Doch sind sie in erster Linie für die Fans nötig. Im Frühling plane ich, mich mit jemandem zusammen zu setzen, der für mich eine Web-Seite machen wird, so dass es auch schon bald eine offizielle Simon Fourcade- Webseite geben wird!

Es fällt auf, dass die Franzosen alle gut Englisch sprechen. Wie gut steht es mit Deinen Kenntnissen?
Ich spreche ein wenig Englisch, verstehe aber sehr viel mehr. Ich habe es in der Schule gelernt, aber offenbar hatte ich keinen guten Lehrer (lächelt). Ich hoffe, dass ich im Sommer Zeit für ein bisschen mehr Unterricht haben werde. Außerdem spreche ich dank meiner Großmutter auch etwas Spanisch, jedoch nicht viel.

Was sind Deine Pläne für die „Ferien“?
Ich werde die ganze Zeit trainieren!! (lacht) 
Nein, im Ernst: ich liebe es, zu Hause in Frankreich zu sein. Ich werde meine Eltern besuchen, die 500 km von mir entfernt leben.

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